Die Treppen zum Piz Cassinello 3103m ü. M.

Nach 12 Transversale-Etappen verlassen wir heute den Kanton Graubünden und betreten das Tessin. Und wie! Die Route vom Zervreilasee zum Lago di Luzzone führt höchst abwechslungsreich über den Soredapass und den Piz Cassinello. Mal lieblich, mal wild, mal spektakulär. Es wird einer dieser grandiosen Bergtage, die sich für immer in mein Gedächtnis einbrennen werden.

Kurz nach acht holt uns das Wandertaxi beim Hotel Rovanada in Vals ab. Bei der Post picken wir Ina auf, die Laaxerin schliesst sich uns spontan an. Wir lassen uns zum Zervreilastausee hochfahren, da das Postauto erst viel später und weniger weit fährt. Zu spät für die lange Tour zum Lago di Luzzone. Herr Bruni hält an der Staumauer an, weil ich ein paar Fotos machen will. Vor uns präsentiert sich in fotogener Weise das Wahrzeichen von Vals: das Zervreilahorn! Der spitzige Solitär ragt so elegant in die Höhe, dass mir fast der Atem weg bleibt. Er wird uns den halben Tag begleiten, aber nirgends sieht er so unverwechselbar aus wie von hier.

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Eine Augenweide!

Das Taxi fährt weiter bis zur Canalbrücke, an einer kleinen Kapelle vorbei. Diese wurde auf die Flanke des Tals verlagert, bevor der Weiler Zervreila in den 1950er Jahren geflutet wurde. Das Wasser dieses grossen Stausees wird mehrmals durch Stollen zur Stromerzeugung gepresst. Erst drei Täler weiter, bei Rothenbrunnen im Domleschg, wird es endlich in den Hinterrhein entlassen.

Wir laufen los und folgen dem Alpsträsschen bis zum Ende des Sees, wo zahlreiche Murmeltiere herumtollen. Von hier führt ein gemächlich steigender Pfad zur Alp Lampertsch hinauf. Oben angekommen sind wir überrascht, wie breit und flach sich das Tal präsentiert, die Alp ist ein kleines Bergparadies. Um die Steinhäuschen herum wimmelt es von Kühen unterschiedlichster Provenienz. Besonders imposant erscheinen die schottischen Hochlandrinder mit ihren langen Hörnern. Gleichzeitig sehen wir zuhinterst im Tal den Läntagletscher und das dominierende Rheinwaldhorn. Genug Gründe für einen Halt.

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Die Alp Lampertsch. Im Hintergrund das Tagesziel, der Piz Cassinello
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Ein stolzer Junge

Kurz nach der Pause müssen wir den gemütlichen Wandermodus total umstellen. Die Abzweigung zum 800Hm höher gelegenen Soredapass führt jetzt gnadenlos steil über die rechte Flanke des Tals hoch. Zum meinem Erstaunen sind die steilsten Passagen kunstvoll über dutzende Meter mit Steintritten ausgelegt. Grosse Brocken wurden hier mühsamst zurechtgerückt, um einen bequemen Aufstieg zu ermöglichen. Was für ein Luxus!

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Es ist steil hier…wer sieht Ina und Chris?
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Treppendetails und das Zervreilahorn

Auf halber Höhe legt sich das Gelände nach hinten und macht Platz für flachere, steinige Passagen mit kleinen Seen. Das wiederum ergibt besonders schöne Fotosujets mit dem Zervreilahorn, das auch von hier zum Anbeissen aussieht. Da Chris und Ina gemütlich plaudern und gerne etwas länger pausieren, schlage ich vor, vom Pass aus kurz alleine den Piz Cassinello zu besuchen. Chris hebt den Daumen zum Einverständnis und so schraube ich mein Tempo hoch. Auf dem Soredapass lasse ich den Rucksack liegen und jogge über die flachen Felsbrocken auf diesen einfachen 3000-er (weglos, aber markiert, max. T4).

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Kurz vor dem Soredapass – im Fokus das Zervreilahorn
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Erstaunlich diese Platten! Auf dem Weg zum Piz Cassinello

Die Extrameile lohnt sich! Die Sicht auf die vergletscherte Adulagruppe ist grossartig, fern im Osten erblicke ich die Bernina-Gruppe, im Norden grüssen Greina-Ebene und Tödi, im Westen sonnt sich die Berner und Walliser Alpen-Prominenz. Fantastisch! Zufrieden hüpfe ich wieder hinunter und schliesse ich mich den Kumpanen wieder an. Die haben es sich auf den Passfelsen gemütlich gemacht und Steinböcke und Bartgeier beobachtet. So gab es Spektakel für alle.

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Gipfelsteinmann und das Rheinwaldhorn
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Der Blick zum Bleniotal (Lukmanierpass) und dahinter zu den Walliser und Berner Oberländer Riesen
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Blick nach Norden: Lago di Luzzone und Greina-Ebene, dahinter der Tödi

Äusserst angetan vom bisher Erlebten machen wir uns an den erneut sehr steilen Abstieg ins Val Scaradra in Richtung des 1200Hm tiefer gelegenen Lago di Luzzone. Auch hier helfen Treppen und Ketten, so dass wir immer im T3-Bereich bleiben. Die Knie zittern allerdings leicht, als wir gute zwei Stunden und zwei Talstufen später das Fahrsträsschen am Stausee erreichen. Aber den Genuss der vielen schönen Wasserfälle im wilden Tal mit seiner reichen Blumenpracht hätten wir nicht missen wollen.

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Der Blick zurück ins Val Scaradra
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Wasserfreuden

Die letzten zwanzig Minuten Wanderzeit entlang des Sees zur Bushaltestelle beim Tunnel kurz vor der Staumauer dienen der Regeneration der geschundenen Muskeln und Gelenke. Aber nicht nur das: auch dieser Lago di Luzzone erweist sich als lohnenswertes Dessert des Tages! Der tiefblaue See liegt wunderschön eingebettet zwischen Felsen, Wald und Wiesen und wird überragt durch den Piz Terri, der uns schon jetzt Vorfreude auf die morgige Tour durch die Greina-Ebene vermittelt.

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Noch mehr Wasserfreuden
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Lago di Luzzone, im Hintergrund der Piz Terri

Tief befriedigt von diesem Tag lassen wir uns schliesslich bequem per Bus nach Olivone hinunterkarren, wo wir übernachten werden.

Tourdatum: 28. August 2018

Kartenausschnitt Soredapass (pdf)

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil- und Zeitangaben

 

2 Kommentare

  1. Pingback: Edwin wandert

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