Der wilde Schiberg und das zahme Bockmattli 2044m ü. M.

Die schöne Erinnerung an den Zindlenspitz und ein Email von Arno inspirieren mich, heute wieder einmal das Wägital zu besuchen. Der Föhn neigt sich dem Ende zu, lange wird es nicht mehr trocken sein. Ich starte deshalb früh und besteige zuerst den unscheinbaren Schiberg, gefolgt vom bekannten Bockmattli. Von ganz oben erweist sich der eine als unerwartet wild und der andere als überraschend zahm. Aber beginnen wir von vorn.

Es ist noch recht dunkel, als ich kurz vor sieben Uhr am Wägitalersee parkiere. Eine Schafkolonie döst noch friedlich vor sich hin als ich vorbeizottle. Es ist frisch, mein neues Windschutzgilet ist ein angenehmer Begleiter. Dann zweigt der Pfad von der Strasse ab und steigt gleich recht steil hoch über Wiesen und durch Baumgruppen. Eine rotbeleuchtete Wolke zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, sie verleiht dem See und dem gegenüberliegenden Fluebrig einen magischen Charakter (Titelfoto).

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Unverwechselbar, der schöne Zindlenspitz

Dann wendet sich der Blick zum schlanken Zindlenspitz, der von der Alp Aberli aus schlicht umwerfend aussieht. Bald erreiche ich die bewartete Hohfläschhütte, wo Birgit schon draussen auf mich wartet. Ihr netter Gruss lässt mir fast keine andere Wahl als schon jetzt eine kurze Pause einzulegen und etwas zu konsumieren. Noch zwei, drei Wochen sei sie hier, meint sie, dann müsse sie den Laden winterfest machen. Ich seufze still und hoffe, dass sie nicht recht behält.

Auf der Hohfläschenalp sind die Kühe schon weg, die Läden der Höfe verriegelt. Es ist still im Tal. Auf rund 1600m zweigt die Route zum Rossalpeli- und zum Zindlenspitz ab, der Pfad wird markant steiler und steiniger. Rasch kommt die Wasserscheide zwischen Schi- und Plattenberg näher. Ich blicke indes immer wieder zum Zindlenspitz zurück, dessen geologischer Aufbau mich heute noch genauso beeindruckt wie beim erstenmal.

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Der Zindlenspitz von der Seite, kurz vor der Furgge

Auf der Furgge dann der Einblick ins Glarnerland, zum Obersee und ins Säntisgebiet. Der leicht verschleierte Himmel vermittelt eine mystische Stimmung, Fotostopps sind unvermeidbar. Dann müssen aber die letzten 100 Hm zum Südgipfel des Schibergs erklommen werden, und die haben es in sich. Es gibt zwar einen Pfad, aber die Beine müssen lang sein, und Höhenangst wäre hier ein unerwünschter Weggefährte. Die letzten Schritte zum Gipfel erfordern sogar etwas Hilfe meiner Hände, der Kalkstein ist aber schön fest und griffig.

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Ein wilder Gipfel…

Der Südgipfel bietet eine herrliche Sicht, insbesondere auf den Glärnisch. Aber dabei soll’s nicht bleiben. Denn neckisch lächelt mir ein Steinmännchen vom viel schmaleren, gleichhohen Nordgipfel zu. Er lädt zum akrobatischen Tanz über Schrofen und Karrenfelder. Ich gebe dem Werben nach und erfreue mich über die nette Alpinwanderpassage, die mich schliesslich mit einem überwältigenden Blick über den Zürichsee belohnt.

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… mit Sicht nach Zürich…
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… zum Plattenberg und nach Osten zum Mürtschenstock…
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… und zum Glärnisch

Nach einer Genuss-Pause steige ich wieder zur Furgge ab und zweige zum Bockmattlipass ab. Die blauweiss markierte Route über die «Schneeschmelzi» soll nur in schneefreiem Zustand bewandert werden, mahnt eine Tafel. Ich werde bald verstehen warum. Der Pfad ist zwar schön angelegt, aber ein Fehltritt oder ein Ausrutscher auf Schnee kann hier fatale Folgen haben: die Flanke ist vor allem zu Beginn sehr ausgesetzt. Das gilt später auch für den schmalen, buschbewachsenen Grat, der den Schiberg mit dem Bockmattli verbindet. Nichts für schwache Nerven.

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Schon etwas ausgesetzt, der „Schneeschmelzi“-Pfad.

Das Bockmattli selbst wirkt von hier aus eher beschaulich. Ein Grashügel, that’s it. Nichts zu sehen von den hohen Wänden, die ihn zu einem Kletterdorado machen. So bleibe ich nur kurz und kehre gleich zum Pass zurück. Dort steige ich in das breite Schutt-Couloir ein, durch das der Pfad in unzähligen Kehren zur Bockmattlihütte hinunterführt.

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Über den schmalen Grat Richtung Bockmattli (Bildmitte)

Einmal unten sieht man die Wände – und wie! In der Bockmattlihütte gönne ich mir einen Kaffi fertig, um jetzt in Ruhe diese eindrücklichen Felsformationen zu bestaunen. So hatte ich den Berg in Erinnerung, als ich hier vor 37 Jahren als Jugendlicher im J+S Tourenlager in einer Wächte biwakierte.

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Von der Bockmattlihütte sehen die Wände eindrücklich aus
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Frontansicht Bockmattli im Gegenlicht

Beflügelt vom Chrüter und meiner guten Stimmung gwaggle ich zur Schwarzenegg hinunter. Dort begegne ich Arno und seine Freunde, die den Aufstieg noch vor sich haben. Dann jogge ich über den Feldweg hinunter zum See. Punkt zwölf Uhr bin ich wieder zuhause bei der Familie.

Tourdatum: 1. Oktober 2016

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Interaktiver Kartenausschnitt

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Blick von der Schwarzenegg zum Wägitalersee und den beiden Aubrigs

4 Kommentare

  1. Schöne Tour! Das Wägital ist einfach ein herrliches Alpinwandergebiet. Das nächste Mal den Schiberg aber über die Brennaroute, gell… 😉

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