Die Traversierung der „Regina Montis“ von Rigi Staffel bis Rigi Scheidegg ist so etwas wie Geburtstag, Weihnachten und Ostern auf einmal. Mit wenig Aufwand lassen sich grosse Teile der Schweiz aus einer grossartigen Perspektive betrachten. Die Wegführung bietet zahlreiche Varianten und viel Abwechslung. Zum Schluss winken kulinarische Freuden und eine abenteuerliche Luftseilbahnfahrt. Und weil es nicht so weit ist, nehmen wir heute einmal die schwere Kamera mit.
Die Tour beginnt auf dem Parkplatz der Kräbelbahn, wo das Züglein zum Rigi-Kulm hält. Fast eine halbe Stunde dauert die Bergfahrt bis zum Staffel, wo wir aussteigen. Den Kulm lassen wir heute mal aus. Das erste Staunen gilt dem Mittelland, das sich hier schier endlos zu Füssen der „Königin der Berge“ (eine clevere Marketing-Erfindung des späten 19. Jahrhunderts) ausbreitet – unter dem Nebel allerdings. Der Blick reicht heute vom Bodenseee zum Feldberg in Süddeutschland bis zum Chasseral, markante Orientierungspunke bilden die Kühlwasserwolken der beiden AKWs in Gösgen und Leibstadt, die aus dem Nebel steigen.
Wir folgen dem leicht steigenden Weg zum Rotstock, der bald erreicht wird. Der Grashügel bietet die volle Begrüssung durch den Alpenkranz vom Säntis bis zu den Waadtländer Alpen. Ich erinnere mich an die vielen schönen Touren dieses Sommers: Aus dem Berner Oberland grüssen prominent Eiger, Mönch und Jungfrau. Unter uns breitet sich der Vierwaldstättersee aus, der sich vergeblich vom Nebel zu befreien versucht. Hinter dem Känzeli präsentiert sich der freistehende Pilatus, dahinter die Schrattenflue und das Brienzer Rothorn. Stanserhorn und Arvigrat zeigen sich schon ziemlich winterlich.
Jan Lukas findet seine Fotomotive und ist kaum von der Kamera zu trennen. Früh übt sich, wer einmal Redbull-Kameramann werden will…Dann schlendern wir über die Grasmatten hinunter in Richtung Rigi First, wo wir die Frauen wieder einholen und auf der Terrasse der Bärenstube eine ausgedehnte Kaffeepause einlegen.
Wir setzen den Weg fort über den Felsenweg, ein touristisches Urprojekt, das schon vor über 100 Jahren aus dem Felsen geschlagen wurde. Wir stellen uns vor, wie die weitgereisten Damen in ihren langen Röcken hier hochalpines Feeling eingeimpft bekamen. Die Aussicht über den herbstlichen Wald auf den See (bzw. heute das Wolkenmeer) ist einfach der Hammer. Uri Rotstock, Wissigstock und Titlis prägen hier die Bergsicht. Das Vergnügen ist nur von kurzer Dauer, bald erreichen wir das Fahrsträsschen, das einst ein Bahntrassee war, und umrunden nördlich den Wurzenstock. Das gibt Gelegenheit zu etwas Tourismus-Geschichtsuntericht für Jan Lukas, der den historischen Bahnwagen am Wegrand bestaunt.
Bei Unterstätten überschreiten wir die alte Eisenbahnbrücke und müssen dann die Wahl treffen: Südlich über den Seeweg, geradeaus über den Dossen oder nördlich weiter dem Bahntrassee folgen? Wir entscheiden uns für den Dossen und nehmen den schweisstreibenden Aufstieg unter die Füsse. Knapp 200 Höhenmeter sind zu bewältigen, die aufgrund der Steilheit des Pfads nicht zu unterschätzen sind. Dafür geht es schnell – wir stehen keine 20 Minuten später auf dem schöngeformten Grasgrat, der Chli Dosse und Dosse miteinander verbindet (siehe Titelfoto) und ein umwerfendes 360 Grad-Panorama bietet.
Der Abstieg ist wesentlich sanftmütiger, und so erreichen wir gemütlich schlendernd Hinder Dosse, wo die verschiedenen Wege zur Scheidegg wieder aufeinander treffen und die beiden Frauen das perfekte Bänklein gesichtet haben. Die Sonne wärmt die Gemüter, die Stimmung könnte nicht besser sein. Richtig lustig wird es dann aber, als wir Emmis Bergschuhe betrachten. Die Dinger sind offensichtlich älter als sie aussehen… die Sohlen haben sich abgelöst und müssen notamputiert werden. Halb auf den Socken ist es zum Glück nicht mehr weit zum Restaurant und der Bergbahn.
Auf der Scheidegg folgt der Tageshöhepunkt für Simone – die unscheinbare Scheideggbeiz mit ihrer überraschend guten Küche. Der Wurstsalat mundet gut, und die Rösti ist frisch und knusprig. Auch das hier ausgeschenkte Rigi-Bier ist schmackhaft. Die Beiz ist ein guter Grund, diese Ganzjahrestour immer wieder zu machen. Im Winter wird der Weg gepfadet sein, sofern überhaupt mal Schnee fällt… Die kleine Kräbelbahn bringt uns schliesslich in wenige Minuten zum Parkplatz zurück.
N.B. Den Antimonarchisten sei gesagt, dass „Rigi“ eigentlich von „Riginen“ kommt. So nennt man die Gesteinsschichten, die auf der Nordseite der Rigi gut sichtbar sind.
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