Schweben zwischen Zürichsee und Sihlsee. So lässt sich die einfache Wanderung von Schindellegi über den Etzel zum Stöcklichrüz und nach Willerzell passend umschreiben. Ganz so harmlos ist das heute allerdings nicht. Einer der heftigsten Föhnstürme der letzten Jahre fegt über das Land und sorgt für zusätzliches Spektakel.
Es ist ruhig am Bahnhof in Schindellegi. Der Karfreitrag ist noch jung und im Dorf regt sich nichts. Alles ist geschlossen, auch die Bäckerei. Aber gut, mein Bauch ist noch voll vom Frühstück zuhause. Der Wanderweg führt hinunter zur Sihl, zunächst entlang der lauten Kantonsstrasse und hässlichen Industriebauten. Der Blick auf die markante Kirche tröstet darüber hinweg.
Bald sind die Sihl und ich alleine, sie plätschert und ich lausche dem Zwitschern der Vögel – und atme zufrieden durch. Auf der gegenüberliegenden Seite sind zwei Linden zusammen in die Höhe gewachsen – gemeinsam bilden sie eine formschöne Krone. Was für ein Paar! Ein guter Moment, um über den Wert von langjährigen Beziehungen zu sinnieren.
Bei Dreiwässern überquere ich die Sihl und widme mich den Infotafeln, die mich über die Fischtreppe aufklären, die hier vor kurzem neben eines der Stauwehre gebaut wurde. Sie hat der Natur – beziehungsweise den Fischen – wieder ihren freien Lauf zurückgegeben. Wie schön, dass wir uns das leisten können! Überhaupt ist das ein friedvoller Ort hier. Buschwindröschen blühen um die Wette und im rietreichen Weiher quaken die Frösche.
Jetzt heisst es steigen. Leider auch ein Stück der Strasse entlang. Beim Restaurant Bühl – heute „zum Paradies“ genannt – ist das vorbei. Ich tauche wieder in den Wald ein und passiere alte Festungsanlagen und Panzersperren aus der Reduitzeit. Auch hier wieder Tafeln, die über die Spuren des Zweiten Weltkriegs informieren. Ich interessierte mich mehr für den Weitblick über den Sihlsee, der sich hier erstmals präsentiert. Und für die Föhnmauern, die sich hinter der Alpenkette aufgebaut haben.
Es beginnt nun immer kräftiger zu blasen. Als ich wenig später den Gipfel des Etzels erreiche, ist das schon ein halber Sturm. Es sind erst wenige Gäste da. Ich leiste mir einen Aprikosen-/Mandelgipfel, setze mich auf einen Stuhl, geniesse die Süssspeise und lasse mich vom warmen Wind verwehen. Herrlich. Der Etzel bietet neben der Kulinarik einen wunderschönen Blick auf die Alpen, aber auch auf den Zürichsee und seine Trabanten im Zürcher Oberland und in die Linthebene.
Sehr schön! Ich steige durch den Wald nach St. Meinrad ab und folge der Route zum Stöcklichrüz. Als ich vor hier vor vier Tagen wanderte, lag noch Schnee, den hat der Föhn aber längst weggeblasen. Nur ganz zuoberst schmelzen noch ein paar Reste vor sich hin. Wie vergänglich alle Wetterkapriolen doch sind. Bald werden die Frühlingsblumen hier das Zepter übernehmen.
Das leichte Steigen über diesen offenen, breiten Gratrücken ist angenehm. Beste Voraussetzungen, um meine psychische Müdigkeit nach mehreren beruflich anstrengenden Monaten mit frischen Eindrücken aus der Natur zu überwinden. Mein trainierter Motor surrt leise, der Puls bleibt tief, frische Gedanken verwischen alte Themen und wecken neue Energie.
IMG_1583 – Video vom Zürichsee (zum downloaden)
Nur der Wind wird immer stärker, die wettererprobten Tannen wogen, die Äste ächzen unter der Gewalt des Sturms. Zulange will man da nicht im Wald sein… So entscheide ich mich bei der Gueteregg (die Beiz ist noch geschlossen) den geplanten Weg durch den Wald zur Sattelegg zu meiden. Stattdessen steige ich über den offenen, aber windexponierten Summeriggrat direkt nach Willerzell ab. Das ist schön und macht ziemlich Spass, auch wenn mich der böige Föhn nun wirklich fast wegbläst.
In Willerzell beobachte ich kurz die tobenden Wellen auf dem sonst so friedlichen See. Dann besteige ich den Bus nach Einsiedeln. Dessen Besuch ist übrigens am Karfreitag nicht zu empfehlen, so voll präsentiert sich der grosse Platz vor dem Kloster. Aber das Städtchen ist immer ein Kurzbesuch wert. Und eine offene Bäckerei finde ich nun auch.
Tourdatum: 29. März 2024
Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben
Lieber Edwin, beim nächsten Mal würde ich mich auch über einen unangemeldeten Besuch freuen, wenn Du unsere wunderbare Region besuchst. Ich wünsche ein tolles und unfallfreies Wanderjahr.
Lieber Edwin
Heute habe ich deine Tour von Schindellegi nach Willerzell absolviert. Es war genau so, wie Du sie beschrieben hast, nur die Sicht war heute nicht so toll (Saharastaub).
Herzlichen Dank für deine ausführlichen und informativen Kommentare