Fersentraining am Walensee

Im Herbst und im Frühling ist die besonnte Nordseite des Walensees ein ideales Wandergebiet. Es gibt wohl keine Variante, die ich nicht schon begangen habe. Besonders abwechslungsreich, knieschonend und ein gutes Training für den Sommer ist die Traversierung von Betlis nach Walenstadtberg. Zu Beginn winken eine Schifffahrt und ein Wasserfall, dann folgt ein intensives Fersentraining. Belohnt wird man mit einem herrlichen Picknickplatz und einem lockeren Abstieg. Aber lest selbst.

Lea und Janik wollen wandern und ich darf mit. Was für ein Genuss, mit jungen Menschen unterwegs zu sein! Sie lassen sich gerne etwas vom alten Hasen erklären, ansonsten höre ich im Zug nach Mühlehorn aber gespannt dem Gespräch der beiden engagierten Ingenieure zu. In der stillen Seegemeinde am Walensee steigen wir auf das Kursschiff um und lassen uns über den See nach Betlis schippern. Währenddessen blicke ich fasziniert auf die mächtigen Wände der Churfirsten. Bald passieren wir den tiefen Einschnitt, durch den die Wassermassen des Seerenbachs über 800m in die Tiefe stürzen. Das werden wir uns bald näher ansehen!

Die Tour beginnt mit einer Bootsfahrt… der gegenüberliegende Hang will traversiert werden
Der tiefe Einschnitt der Seerenbachfälle bei Betlis

Von der Schiffsstation steigen wir zunächst zur Streusiedlung hoch. Es folgen ein paar Meter Asphalt durch eine bunte Sammlung hübscher Häuschen, auch eine Kapelle gehört dazu. Achtung: Auf keinen Fall die Abzweigung zum Wasserfall verpassen. Den kleinen Umweg mit einigen zusätzlichen Höhenmetern muss man in Kauf nehmen. Es lohnt sich. Bald spritzt uns die Gischt des untersten Wasserfalls ins Gesicht. Auf einer Schautafel nebenan werden die geologischen Geheimnisse der sogenannten „Rinquelle“ erklärt. Mehr dazu unter diesem Link: spannend!

Die Kapelle von Betlis
Wilde Wasser

Feucht, aber vergnügt steigen wir wieder zum Wanderweg nach Quinten ab und tauchen in den Wald ein. Immer wieder öffnet sich das Grün und lässt uns auf den türkisblauen See und die darüberliegenden, schneebedeckten Berge blicken. Eine Augenweide! Es ist hier morgens noch still – das wird nicht so bleiben, denn dieser Klassiker ist einfach zu begehen und beliebt. Der Weg steigt gutmütig, dann folgt schon die Abzweigung (Pt. 708) hinunter nach Quinten.

Auf dem Weg nach Quinten
Die Gucklöcher zu See und Bergen

Für uns beginnt hingegen hier der sportliche Teil der Tour. Wir steigen nicht ab sondern zünftig hoch – durch den Rüesteliwald zur Laubegg. Das sind satte 700m Höhenmeter, die ziemlich steil zu überwinden sind und so richtig in die Fersen gehen… nur hin und wieder neigt sich der Steigwinkel des Pfads gnädig und lässt unsere Sehnen etwas zur Ruhe kommen. Die ganze Maschine ist gefordert, sie dampft und schnaubt. Als wir die gebrechliche Bergstation der Heuseilbahn auf der Laubegg erreichen, wissen wir, was wir geleistet haben…

Kurze Verschnaufpause mit Blick ins Murgtal

Der Pfad führt nun weiter durch offenes Gelände, das sehr steil abfällt. Zahlreiche Runsen sind noch mit Lawinenschnee gefüllt, der zum Glück weich genug ist, um kleine Tritte hinein zu stampfen. Ansonsten ist da ohne Spikes und Stöcke kein Durchkommen. Den fünf gehörnten Bergfreunden, die uns von oben auf dem Schneefeld zuschauen, ist das egal. Es sind Steinböcke, die uns mit einer Mischung von Ignoranz und Verachtung beim Schneewühlen zusehen.

Laubegg … 1100m über dem See
Wer sieht alle fünf Steinböcke?
Die etwas heiklen Reste des letzten Winters…

Zwei Schneefelder und eine Viertelstunde später erreichen wir den höchsten Punkt der Tour. Jetzt darf man das Highlight auf keinen Fall verpassen. Es ist der Punkt 1544, leicht oberhalb des Pfads, der den absolut perfekten Blick auf die wunderschöne Szenerie rund um den Walensee bietet. Aber aufgepasst! Nur einen Meter weiter vorne geht es dann fast senkrecht wieder runter…. Aber auf dem Grasrand dieser Kanzel sitzt es sich gut und das Picknick kann serviert werden. Wie erwartet outperformed Lea hier die beiden Männer bei weitem. Es will nicht enden, was sie da alles aus ihrem Rucksack zaubert. Wunderbar!

Kurz vor der Picknickpause ein Blick zurück zur Laubegg
Picknick mit Panorama

Mit vollen Mägen und gut erholt vom anstrengenden Aufstieg wandern wir weiter nach Walenstadtberg. Noch gibt es weitere schneegefüllte Runsen zu überwinden und ein paar Gegensteigungen. Aber bald erreichen wir die Abzweigung zur Gocht und damit den Feldweg, der uns nun durch Landwirtschaftsgelände zur Alp Schrina hinunterbringt.

Sanfter Abstieg zur Alp Schrina und nach Walenstadtberg

Was für ein Unterscheid zum ersten Teil der Route! Das Genusslaufen ist beste Medizin für die strapazierten Fersen. Gerne blicke ich zwischendurch etwas sehnsüchtig hoch zu Zuestoll und Schiibestoll, an dessen Fuss der Schnürliweg wieder einmal besucht werden könnte. Und natürlich besuchen wir im Abstieg auch das etwas seltsame Paxmal, bevor wir über das Strässchen zur Rehaklinik in Walenstadtberg hinuntergwagglen. Von dort aus bringt uns das Postauto knieschonend wieder ins Tal.

Tourdatum: 19. Mai 2024

Betlis-Walenstadtberg (pdf)

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

Blumenwiese mit jähem Ende

7 Kommentare

  1. es ist immer eine freude, deine wanderberichte zu lesen. besonders wenn man selber auch schon in der nähe war…. es gibt Inspirationen für neue touren, weckt erinnerungen an vergangene zeiten. danke!

  2. ich 🙂 habe alle vier Steinböcke gesehen und mich gefreut 🙂
    sehr schöner Bericht zu einer schönen Tour
    kennst Du auch die Wanderungen rund um Vorder – und Hinterspina? – da könnte ich dir sonst noch alte Wege zeigen
    vielen Dank Edwin
    liebe Grüsse Monika

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