Von der Schwägalp nach Amden

Jeder Ausflug in die Höhe endet derzeit im Schnee. So setze ich – (noch) geduldig wartend auf die späte Schmelze – mit Arno die Alpenpanoramaroute fort und lasse mich von den Besonderheiten der niedrigen Lagen im Toggenburg verwöhnen. So heute zum Beispiel von einem bis zur Zahnlosigkeit gebändigten Bach. Dies auf dem Weg über zwei Wanderpässe von der Schwägalp nach Amden.

Im Postauto von Urnäsch zur Schwägalp beobachten wir den farbigen Alpaufzug der Appenzeller Bauern. Der fröhliche Farbtupfer motiviert, denn der Himmel ist ziemlich grau, als wir bei der Talstation der Säntisbahn loslaufen. Aus Appenzell wird bald Sankt Gallen, wie die ganze westliche Hälfte des Alpsteins.

Wolkenspiele auf der Schwägalp
Links um den Stockberg geht’s zum Risipass

Wideralp, Säntisalp, Lüdisalp – so heissen die einladenden, weiten Flächen, die uns in einer guten Stunde zum Fuss des Stockbergs und hinauf zum Risipass führen. Weisse Krokusse und gelbe Sumpfdotterblumen schmücken die Wiesen, sonst ist es still. Die Wolken tanzen ihren Ritt, aber trotzdem sehen wir das sich hier bietende Panorama in Sequenzen. In Nebelschwaden gehüllt kann dies ganz schön mystisch ein.

Blick zurück zu Schwägalp und Säntis
Frühlingserwachen im Nebel

Der dichte Nebel auf dem noch winterlichen Risipass war nicht geplant und ist nicht gerade prickelnd. Aber da ich dieses Teilstück im Abstieg schon kenne, stelle ich mir die schöne Sicht auf den Speer einfach vor.

Flowerwalk

Weiter unten begrüssen uns die ersten Kühe, die Maiensäss-Saison beginnt gerade erst. Sie wirken noch etwas nervös, wir weichen ihnen jenseits der Zäune aus. Durch üppige Blumenwiesen nähern wir uns Stein, bald sitzen wir am Dorfeingang auf einer Bank und essen unser Sandwich. Dabei wundern wir uns darüber, dass in diesem kleinen Nest sowohl eine grosse katholische wie eine grosse reformierte Kirche erbaut wurde.

Toggenburger Architekturbeauties

Dann machen wir uns auf die Socken zum zweiten Teil der Tour. Der Aufstieg führt uns entlang des Dürrenbachs zur Vorderen Höchi. Auf der Karte sieht es nach viel Wald aus, in Realität entpuppt sich dieses Teilstück aber als technische Trouvaille. Die ersten Verbauungen im Dürrenbach erstaunen uns noch nicht. Aber bald realisieren wir, dass die Toggenburger Ingenieure hier ganze Arbeit geleistet haben. Der Bach ist auf einer Länge von rund zwei Kilometern und über eine Höhendifferenz von über 300 Metern komplett gebändigt, wohl mit nahezu 100 Stufen. Auch die Nebenbäche. Es ist kaum zu fassen. Und dazu ist jede Stufe mit einer kleinen Höhentafel beschildert. „Zähmung der Widerspenstigen“ reift ein möglicher Titel dieses Blogbeitrags in meinem Kopf. Eindrücklich – von diesem Bach gehen nie mehr Gefahren aus, die den Bruch einer Badewanne übersteigen würden.

Beim Badhus verlässt der Pfad das Bachbett, bald flacht das Gelände etwas ab, und wir durchschreiten wieder Blumenwiesen. Diesmal dominiert der blühende rote Pestwurz. Dabei schauen uns die drei kecken Goggeien-Gipfelchen über die Schulter. Es ist nicht mehr weit zur Vorderen Höhi, die uns allerdings mit viel Schnee und einer beissenden Bise empfängt. Nichts von Fernsicht auf den Alpenkamm! Nicht einmal die Rückseite des nahen, noch sehr winterlichen Leistkamm sehen wir, ein Evergreen, den ich in der Regel meist schon im Mai besteige. Aber immerhin endlose Krokusfelder als Gemütsaufheller.

Im Aufstieg zur Vorderen Höhi
Da hinten wären die Churfirsten ….

Beim Abstieg nach Amden beginnt die Wolkendecke dann aber aufzureissen. Rechtzeitig zum Kaffee und Kuchen-Stopp in Arvenbühl dominiert die Sonne das Geschehen, und auch die gegenüberliegenden Glarner Gipfel beginnen ihre Reize zu enthüllen. Ganz zufrieden wandern wir schliesslich über die grünen Matten des Sonnenhangs nach Amden hinunter. Im Mattstock-Dorf erhalten wir bei der freundlichen Ladenbesitzerin des „Sonnyboy“ ein feines, lokales Bier und stossen auf die gelungene Tour an.

Immerhin im Ansatz macht sich die vordere Glarner Bergkette bemerkbar
Die noch sehr weissen Südhänge des Mattstocks

Tourdatum: 29. Mai 2021

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

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3 Kommentare

  1. Danke Erwin für deine wunderbaren Kommentare in Wort und Bild!!
    Die Himmel verkünden Gottes Grösse und Hoheit…Psalm 19
    Lg Richi

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