Durch das Binntal

Die etwa zweistündige Durchschreitung des abgelegenen Binntals ist ein Hochgenuss. Das Verbindungsstück zwischen Blinnenhorntour und Saflischpassroute kann zwar auch mit dem Wandertaxi absolviert werden, aber die wilde Natur schreit förmlich nach bewusster Entschleunigung. Ein Sprung in den Halsesee, bezaubernde Ofenhornblicke, museumsreife Dörfer und ein Paradies für Strahler. Ein dankbarer Frühabendspaziergang. Swiss Alpine Feeling pur.

Binn – ein Museumsdorf mit nur (noch) 135 Einwohner,,,

Als ich kurz vor Mittag in Zürich das Büro verlasse, fragen meine Kollegen, wohin ich denn fahre. „Nach Binn!“. „Binn? Nie gehört!“ Tsja, ich schliesse kurz die Augen und denke an den Prachtstag im letzten Oktober zurück, als ich mit Walter von der Mettleberghütte ins hintere Ende des Binntals absteige, wo Katharina uns mit ihrem VW-Bus abholt. Sie fuhr uns über den holprigen Kiesweg zügig zum Bahnhof nach Fiesch, aber ich wollte eigentlich gar nicht nach Hause. Dieses Binntal, als „Landschaftspark Binn“ vermarktet, hatte mein Herz erwärmt. So wollte ich vor der nächsten Etappe der Transversale früher anreisen, um am Vorabend dieses Teilstück nachzuholen, und um hier zu übernachten. Walter wollte auch. Klar doch.

So pickt uns Katharina kurz vor 16.00 Uhr beim Hotel Albrun in Binn auf und lädt uns 25 Minuten später und 500m höher am „Wysse Bach“ wieder ab. Die fröhliche 15-fache Oma, die eigentlich Lastwagenchauffeurin werden wollte, wallisert uns voll. Beim Aussteigen kommt das schöne Gefühl vom Oktober gleich zurück. Wilde Wasser, Blumen, Gneiss, die klare Luft, traumhaft.

Wir steigen die kurze Wegstrecke zum Halsesee hoch, ein Kleinod in einer kleinen Bergsturzmulde. Walter ist nicht zu halten und springt gleich ins Wasser, ich kümmere mich um die Fotos.

Der Halsesee am oberen Talende
Eine Pracht! (der See, nicht der Schwimmer)

Der Pfad führt entlang der vorerst nicht bewirtschafteten, südlichen Talflanke sanft nach unten. Mal über Steinfelder, dann durch offene Lärchenwälder, viele Brücklein, viel Wasser. Vor uns sehen wir die Gipfelziele von morgen, das Breithorn und das Bättlihorn, wir drehen uns aber auch immer wieder um zum Ofenhorn.

Das Binntal hinab…
… und der Blick zurück hinauf zum Ofenhorn

Wir sind alleine, erst als der Weg zum grossen Steinbruch einzweigt, hören wir Stimmen. Familien und Paare kehren zurück von der Kristallsuche. Die über Jahrtausende Jahre verformten Gneise beherbergen die wunderbarsten Funde, die vielen Menschen stundenlanges Hacken und Klopfen wert sind. So erreichen wir den Weiler Fäld und das erste Beizli.

Fäld, ein Bijou
…. mit „Dorfplätz“

Jetzt fehlen noch gut 30 Minuten wandern entlang der bewässerten Felder nach Binn, die uns Hin und Wieder mit einer sanften Dusche überraschen. Die Binntaler setzen offenbar auf Pumpen, Suonen haben wir nicht gesehen.

Nach einer kurzen Dorfbesichtigung kehren wir ins Albrun zurück, wo wir uns bald der kreativen Küche widmen. Die 15-Gault Millau-Punkte sind mehr als gerechtfertigt, das „César Ritz-Menue“ fein und auch das (deutsche) Servicepersonal ist supernett. Nur die Zimmer sind etwas gar einfach, unser Doppelzimmer mit 1.40m Bett ist spartanisch, aber zum Glück kann man auch auf einem Beistellbett schlafen…

Das Hotel Albrun punktet vor allem mit seiner Küche

Wir lassen den Abend ausklingen mit den warmherzigen Einheimischen. Die Themen sind unsere morgige Route, die Schafe und der Wolf, die Zweitwohnungsinitiative und die besorgniserregende Abwanderung und Überalterung dieser Berggemeinden.

Last but not least ein kleiner Tipp für das Hotel: „Frühstück strikt erst ab halb Acht“ muss überdacht werden – fast alle Gäste warteten ungeduldig auf die Fütterung… im heissen Sommer wollen die Wanderer eben früher raus. Das Sandwichpaket als Ersatz ist ok, aber ein frischer Kaffee um 7.00 Uhr wäre besser…

Tourdatum: 8. August 2019

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

öV: Postauto von Fiesch nach Binn. Wandertaxi Katharina Schmid 079 206 65 44

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