Alternativ über den Saflisch

Unsere heutige Transversale-Etappe führt vom Binntal über den Saflischpass nach Rosswald ob Brig. Beim Planen lese ich, dass das ein Bikerparadies ist. Nichts gegen Biker, aber diesem Verkehr will ich ausweichen. So entwickle ich eine Route „obendurch“, die Einsamkeit und für meinen Geschmack etwas mehr Spektakel verspricht. „Breithorn“ und „Bättlihorn“ heissen die beiden Ziele, geschmückt mit viel Edelweiss und Rotem Bergwurz. Anstatt Bikern begegnen wir Millionen von Heugümpern.

Zunächst fährt uns Katharinas Wandertaxi von Binn über Heiligkreuz zum Rufiboden auf 1800m. Das lohnt sich, die Fahrt führt vornehmlich durch Wald und der Tag wird lang. So starten wir um kurz vor Acht direkt auf den Alpwiesen der kleinen Streusiedlung Saflischmatte und steigen gleich den schmalen Pfad in Richtung Breithorn hoch.

Bald sind wir nicht mehr alleine, im hohen Gras tümmeln sich Heugümper. Einer springt höher als der andere, wie eine brodelnde Suppe wogt das hohe Gras im Wind mit den kleinen Viechern als Spritzern darüber. Eine etwas besondere Erfahrung: Es sind Tausende, Zehntausende, vielleicht sogar Millionen oder noch mehr.

One of my favourites: Das Finsteraarhorn

Rechts von uns (Bild oben) bestaunen wir über dem engen Ausgang des Binntals das Finsteraarhorn, links (Bild unten) präsentiert sich die Normalroute zu Saflischpass. Am Horizont unser Tagesziel, die Bättlihorngruppe, bald sehen wir auch die ersten weissen Spitzen der Walliser Viertausender. Doch davon später.

Die Saflischpassroute, rechts das Bättlihorn

Genau auf 2400m stehen ein Kreuz und eine Bank auf der Gratkante. Ein schöner Platz für eine kurze Pause. Wir bewundern nochmals das wildromantische Binntal, das wir gestern so genossen haben. Bald werden wir es hinter uns lassen.

Das Gelände legt sich jetzt etwas zurück, kurz vor der Alp Furggechäller kürzen wir ab und zielen weglos das gutmütige Breithorn an. Breit ist er, ein Horn sieht man hingegen nicht, ein grosses Steinmannli markiert den höchsten Punkt dieses Hochplateaus, das bis fast zuoberst mit Kühen bestossen wird. Zum Glück nur fast, denn auf dem höchsten Teil wimmelt es geradezu von Rotem Bergwurz und Edelweiss. Und die 360-Grad-Aussicht? Die ist genial! Die Berner Kette, die Gotthardregion, die grossen Walliser, das lange Rhonetal, wunderbar.

Breithorn: Blick ins Binntal
Blick zu den Berner Alpen
Viel Farbe am Boden
Die flache Hochebene am Breithorn und die ersten Walliser Riesen im Hintergrund

Vom „Gipfel“ wandern wir nun dem Gratrücken entlang in Richtung Furggechäller. Von hier führt ein Fahrweg etwas hinunter (rund 150Hm) und wieder hinauf zum Saflischpass. Den lassen wir aber links liegen. Wir nutzen einen Tipp der Einheimischen von gestern Abend im Hotel und folgen weglos den sanft ansteigenden Grasrücken der Wasserscheide. Später suchen wir den etwas schwer zu erkennenden Schafspfad, der nicht in der Karte eingezeichnet ist, uns aber entlang der steilen Flanken direkt zur „Öugstchammu“ am Fuss des Bättlihorn führen soll. Und tatsächlich – wir finden die Spur etwa auf der 2500Hm-Linie und bleiben so hoch über dem Saflischpassweg, wo schon rege Biker unterwegs sind.

Der Pfad beginnt unterhalb des hinteren Grashügels (Pt. 2582) und folgt dann der Höhenlinie…man sieht ihn kaum
… sodass wir dann direkt in die Öugstchammu hochsteigen können. Die Gipfelroute führt etwa durch die Bildmitte zum rechten Couloir und so zum Bättlihorn
Der Blick vom Gipfel in die Kammer und zur Grenzbergkette nach Italien
Und westlich Fletschhorn, Mischabel, Weisshorn … die Riesen kommen näher!

Der Schlussaufstieg durch den Schutt und zuletzt durch ein noch teilweise schneebedecktes Couloir ist heftig steil und anspruchsvoll (T4), dauert dafür nicht lange. Die Freude ist gross, als wir beim Gipfelkreuz stehen, auch wenn die Aussicht mit jener des viel einfacher zu erklimmenden Breithorns vergleichbar ist.

Wir steigen über die gleiche Route vorsichtig wieder in die noch winterliche Kammer ab und finden gleich die nicht markierte Spur, die uns ohne Gegenanstieg direkt zum Saflischpass führt. Das war eine schöne Alternative – ab jetzt nehmen wir ohne Murren auch die paar Biker in Kauf!

Auf dem Saflischpass – der letzte Blick zurück ins Binntal

Der Abstieg nach Rosswald ist schnell erzählt. Wir passieren eine hoch über uns weidende Herde Schwarznasenschafe, die allerdings Steine auslösen, welche gefährlich nahe an mir vorbei in die Tiefe fliegen. Zum Glück warnt mich Walter rechtzeitig. Dann erreichen wir das kleine Skigebiet mit Kunstsee und Schneelanzen – immer ein etwas seltsamer Anblick im Sommer…

Im Schlussabstieg ergibt sich ein schöner Tiefblick auf die Simplonstrasse und die berühmte Ganterbrücke. Hoch über dem ziemlich aufgeheizten Rhonetal schwebend erreichen wir schliesslich das ruhige Ferienhaus-Dörfchen Rosswald. Wir steuern schnurstracks auf das Beizli neben der Bergstation des Gondelis zu, um den grossen Durst mit einem feinen Bier zu löschen.

Tourdatum: 9. August 2019

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

2 Kommentare

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