Über den Surettapass nach Monte Spluga 2767m ü. M.

Von Innerferrera führte über Jahrhunderte ein beliebter Schmuggelweg durch das Val Niemet nach Süden. Wir durchwandern es, um über eine alpine Route auf den steinigen Surettapass zu steigen. So gelangen wir nach Italien und zum Stausee bei Monte Spluga am Splügenpass. Ein spannender Tag in einer einsamen Ecke der Schweiz.

Es hat die ganze Nacht geregnet, und noch ranken sich die Wolkenreste an den Hängen des Avers. Der Wetterbericht verspricht Besserung, aber schon am frühen Nachmittag sollen wieder Gewitter drohen. Der sympathische Wirt macht das Frühstück früher als üblich parat, wir sind ihm dankbar. Überhaupt ist es sehr angenehm in der „Alpenrose“ in Innerferrera, oder „Canantgil“, wie die Einheimischen sagen.

Wir laufen los und besuchen kurz den winzigen Friedhof des Weilers, schauen durch die Fenster des kleinen Bergbaumuseums und passieren die Zollstation, die dem blühenden Italien-Schmuggel nach dem Bau der Talstrasse nach Andeer (1890-95) den Riegel schob.

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Das kleine Innerferrera

Wir folgen der Schmuggelroute durch das Val Niemet in Richtung Italien. Der Weg wurde längst zu einem Alpsträsschen ausgebaut, als oben im Tal ein kleines Wehr gebaut wurde, das einen Teil des Talwassers zum grossen Stausee ins benachbarte Val di Lei umleitet. Das gibt uns die Gelegenheit, nebeneinander zu laufen und zu quatschen, so dass die ersten 400 Höhenmeter des wenig spannenden Aufstiegs durch den Wald im Nu vorbeigehen.

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Am Anfang des Hochtals Val Niemet

Dann öffnet sich der Wald, und das Gelände flacht ab. Nur noch mässig steigend folgt nun ein gemütliches Genusswandern durch das prächtige Hochtal, das mitunter auch dank der zahlreichen Murmeltiere viel Freude macht. Die letzten Wolken verziehen sich, es wird nun richtig schönes Wetter. Auf der Alp Niemet freuen sich die Ziegen über unser Kommen, auch wenn sie sich zunächst als Wegelagerer auf der Brücke präsentieren. Ob sie wohl Wegzoll erheben wollen? Aber nein, sie wollen nur von Jan Lukas gestreichelt werden.

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Freundliche Wegelagerer

Wenig später erreichen wir das Stauwehr und damit das Ende des Fahrwegs. Hier verlassen wir den markierten Pfad zum Niemet-Pass und steigen weglos ins Val Ursaregls auf. Eigentlich erstaunlich, das der direkte Zugang zum Surettapass auf der Schweizer Seite bis auf einige Pfadspuren wandertechnisch nicht erschlossen ist. Die Flanken sind mit Heidelbeersträuchern überwachsen und ziemlich steil. Jan Lukas büsst bald für seinen ungestümen Speed im 4×4 Gelände und kommt ziemlich ins Schnaufen.

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Alp Niemet. Nach der Alp steigen wir rechts hinten im Bild in das nicht erschlossene Val Ursarelgs auf

Als wir die erste Steilstufe überwunden haben und kurz pausieren, entscheiden wir uns, auf die geplante Überschreitung des Piz Spadolazzo zu verzichten und direkt zum Lago Ghiacciato aufzusteigen. Damit können wir ein Stück Weg und fast 200Hm sparen, erhöhen aber den Schwierigkeitsgrad der Tour. Unsere Routenwahl führt zunächst zu einem verlandeten See bei Pt. 2340. Hier ist klar erkennbar, dass der Durchgang auf die nächste Talebene durch ein breites Couloir führt, das uns über Schrofen, Schutt und Platten zu einen V-förmigen Einschnitt leicht nördlich von Pt. 2541 bringt. Diese Passage ist zwar steil, aber nicht schwierig. Sie ist jedoch im Aufstieg einfacher als im Abstieg zu meistern.

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Auf dem verlandeten See. In der Bildmitte oben das kleine V, zu dem das Couloir hoch führt
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Jan Lukas im 4×4 Modus (im oberen Teil des Couloirs)

Oben angekommen verwandelt sich die Szenerie komplett. Grau anstatt Grün, eine plateauartige Mondlandschaft, eigenwillig verziert mit dem schönen Lago Ghiacciato, eine Augenweide. Wir setzen uns hin und packen unsere Sandwiches aus. Das tut gut, und Jan Lukas ist vor allem froh, dass das Steigen nun fast vollbracht ist. Der Surettapass ist nur noch wenige (Höhen-)Meter vom See entfernt. Ich hingegen proste mit meiner Wasserflasche dem schuttigen Piz Spadolazzo zu und sichere ihm meinen Besuch zu einem späteren Zeitpunkt zu.

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Lago Ghiacciato, links der ausgelassene Piz Spadolazzo
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Nochmals der See, im Aufstieg zum nahen Surettapass

Nach unserem Aufbruch ist die Route wieder markiert (italienisch rot-weiss) und der Pass schnell erreicht, Italien begrüsst uns mit einem gigantischen Blockfeld. Wir steigen vorsichtig durch die Steinwüste zum Rand einer steilen Rampe ab, über die wir später zum Monte Spluga-See absteigen. Bei einem grossen Steinmann machen wir nochmals eine ausgedehnte Pause, rufen einer Gruppe Italiener ein paar freundliche Worte zu  und geniessen die Fernsicht ins wilde Val San Giacomo. Von Gewittern noch keine Spur, auch wenn sich der talbeherrschenden Piz Tambo am Splügenpass den ganzen Tag nicht von seiner Wolkenkappe befreien kann.

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Ein steiniges Umfeld am Surettapass… im Hintergrund die Schuttflanken des Surettahorns
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Blick ins Val di San Giacomo, unten der Monte Spluga Stausee

Das letzte Teilstück ist nun wieder grasig, ziemlich steil führt der Pfad zur Passstrasse und dem grossen Stausee hinunter. Ein kurzes Stück ist kettengesichert, bereitet aber keine Schwierigkeiten. Aber Jan Lukas‘ Knie reklamieren, und so sind wir froh, wenig später das Seeufer zu erreichen.

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Im Abstieg zum See, gut sichtbar die Rampe über dem Wasserfall
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Durstige italienische Kühe…

Jetzt ist es nur noch ein Katzensprung zum Dörfchen Monte Spluga. Auf einer Terrasse strecken wir unsere Beine und freuen uns über die grosse Auswahl italienischer Glaces.

Tourdatum: 18. August 2018

Kartenausschnitt Surettapass (pdf)

Interaktiver Kartenausschnitt mit Höhenprofil und Zeitangaben

3 Kommentare

  1. Pingback: Edwin wandert
  2. Lieber Edwin
    eine tolle Gegend – das reizt mich, wie manches andere, das Du diesen Sommer begangen hast, zum Nachvollzug. Vom Piz Tambo und vom Surettahorn hab ich die Aussicht schon genossen – letzteres ist ein ziemlicher Porzellanladen.
    Herzlich
    Peter

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