Surfen über den Hundsrügg 2054m ü. M.

Das Saanenland bietet Höhenwanderungen, die an positiven Sinneseinflüsssen kaum zu übertreffen sind. Für Kinder nicht zu lang, für Ungeübte nicht zu steil, für Vorsichtige nicht ausgesetzt und auch für Liebhaber perfekter Bergbeizli ein Volltreffer. Die Aussicht auf Alpenkette und Fribourger Dolomiten ist sowieso genial. Heute zeige ich fünf Freunden die Genusstour vom Rellerli über den Hundsrügg nach Sparenmoos, abgerundet durch eine Trottiabfahrt nach Zweisimmen.  

Es gibt wohl kaum eine hübschere Talstation als jene (im beblumten Chalet-Stil) der Rellerli-Bahn in Schönried. Die klapprigen Gondeli (die Bahn fährt nur noch bis Ende 2018) bringen uns in wenigen Minuten auf den Ausgangspunkt unserer Wanderung. Das Rellerli begrüsst uns mit einem umfassenden Helikoperblick auf das Saanenland. Die Kinder rennen meist gleich zur Rutschbahn oder zur Kletterwand, die Älteren kehren in die Gipfelbeiz ein und studieren die Panoramatafeln. Die Station wird sich bald verändern. Mit dem Abbruch der Bahn und der Skilifte wird 2019 Ruhe auf dem Berg einkehren. Danach beginnt die heutige Wanderung rund 600Hm weiter unten.

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Der Rellerli-Grat
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Der Blick (noch mit Skilift) über das Saanenland zum Wildhorn

Der gelbmarkierte Wanderweg in Richtung Sparenmoos folgt dem Gratverlauf und wechselt dabei immer wieder die Seite. Die Ostseite prunkt mit dem Panorama auf die Berner Alpenkette, vom Wetter- bis zum Oldenhorn. Die Westseite bietet Einblick in die prägnanten Kalkformationen der Fribourger Dolomiten, von der Gummfluh zur Vanil Noir-Gruppe bis hin zu den Gastlosen. Der Pfad wird gesäumt von neugierigen Kühen, knorrigen Bäumen und einer unendlichen Vielfalt von Alpenblumen. Im stetigen, leichten Auf und Ab erreichen wir gemütlich plaudernd die Alp Bire, wo eine kurze Trinkpause eingelegt wird.

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Familientreffen
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Freie Bahn

Nun folgt eine kurze Steigung zur Luegle, die mit etwas höherem Puls erklommen werden will. Die kleine Anstrengung hilft bei der Entscheidungsfindung, wie bei der Luegle weitergelaufen wird. Auf dem kleinen Pass wird gewählt zwischen der Gipfelroute oder deren Umgehung. Wir geben uns natürlich keine Blösse und nehmen die steile Grasflanke unter die Füsse. Die geht ziemlich giftig in die Waden. Knapp 150 Höhenmeter trennen uns von einem sanften Grasplateau, das mit einem kleinen See und einer 360-Grad Sicht aufwartet. Jetzt schnaufen die Ungeübten, aber sie sind zufrieden. Noch trennen uns zwanzig Minuten vom Hundsrügg, dessen Besteigung nun wieder mit wenig Mühe und viel Genuss angegangen werden kann.

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Auf dem Gratplateau – noch kuhfrei
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Gratsurfen mit Dolomitenblick

Der Hundsrügg bietet Fernsicht bis zum Mont Blanc, auch wenn sich dieser heute nur in seinen Umrissen erkennen lässt, die Luft ist zu stark erhitzt und feucht. Ich empfehle, etwas länger auf dem schmalen Vorgipfel zu verweilen, um die Rundsicht zu geniessen. Danach kann man sich genüsslich auf der flachen Gipfelwiese ausbreiten für ein Picknick und ein Nickerchen. Wir nehmen uns Zeit für eine ausgedehnte Fotosession. Fotos sind immer ein guter Stimmungsbarometer, dieser könnte heute nicht höher stehen.

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Der Blick vom Hundsrügg hinunter zum Sparenmoos und in die Alpen
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Die Gastlosen

Vom Gipfel führt uns ein Pfad direttissima hinunter zur Schiltenegg, wo wir wieder auf die Route zum Sparenmoos treffen. Hier beginnen die weiten Alpen des Nüjebergs, die durch ausgedehnte Hochmoore charakterisiert sind und nochmals eine neue Dimension an Blumenvielfalt eröffnen. Es saugt und pflotscht zuweilen unter den Füssen. Thomas meint schelmisch, wir hätten gerade ein Knabenkraut getötet. Ich bemühe mich um Wiederbelebungsmassnahmen.

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Die Hochmoore des Nüjebergs

Dann treffen wir auf dem Hüsliberg ein, die die meines Erachtens grossartigste Besenbeiz der Schweiz beherbergt. Die Alp von Hanspeter Rieder liegt inmitten einer saftigen Wiese mit viel Weitblick und ist fantastisch ausgestattet für die Wandergäste. Wie gerne erinnere mich an die Zeit zurück, als meine Kids noch klein waren, über die Wiesen tollten und sich über die feinen, hausgemachten Speisen stürzten! Pommes frites gibt es hier allerding nicht. Die Mühen der Wanderung waren immer gleich vergessen. Auch wir freuen uns über die ansteckende Herzlichkeit des Bauern und seiner Helferinnen, über ein tanzendes Gürkli auf der brutzelnden Käseschnitte und das feine Bier.

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Die Hüsliberg-Idylle

Mit vollen Mägen steigen wir schliesslich die letzten 15 Minuten zum (geschlossenen) Berghaus Sparenmoos ab. Hier werden wir für die rasante Trottiabfahrt nach Zweisimmen ausgerüstet (in der Zwischensaison auf telefonische Bestellung, alternativ fährt manchmal ein Bus). Helm auf, Bremsentest, und ab geht’s – acht Kilometer über das Alpsträsschen ins Tal. Der krönende Abschluss einer tollen Tour!

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Auf zur knieschonenden Talfahrt

Tourdatum: 7. Juli 2017

Kartenausschnitt Hundsrügg (pdf)

Interaktiver Kartenausschnitt

N.B. Ein Teil der Fotos kommt von Thomas Widmer, herzlichen Dank!

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