Heute ist EMJ-Tag. Aber da wir das geliebte Dreigestirn nicht nur einfach stundenlang anstarren wollen, wählen wir uns als Begleitkulisse die Lobhörner aus. Wir umrunden die fünffingrige Drachenklaue von Sulwald aus und überschreiten den Sulegggrat. Über die Lobhornhütte kehren wir an den Ausgangspunkt zurück. Und das an einem heissen Julitag mit Klarsicht wie im Januar. Grossartig!
Nach der spektakulären Fahrt durch den langen Kehrtunnel erreichen wir das 200-Seelendorf Isenfluh. Wir parkieren nahe der Talstation der winzigen Sulwaldbahn, 4 Franken verlangt die Bäuerin für den Standplatz auf ihrer Wiese. Der Bahnmann ist flexibel, er lässt uns ausserfahrplanmässig hochfahren. So stehen wir wenige Minuten später auf der Alp Sulwald und damit auf dem Logenplatz des Eiger/Mönch/Jungfrau-Schauspiels. Der erste Blick auf diese Schönheiten verschlägt mir wie so oft die Sprache. Immer wieder wird sich mein iPhone auf dieses Postkarten-Sujet richten.
Der Wanderweg steigt zunächst durch den offenen Wald hoch zur Alp Suls. Es ist steil und warm, Ronja leidet. Sie hat eine Bronchitis erwischt und will diese zunächst ignorieren. Vorerst geht das mit Ach und Krach, aber die Luft wird dünner und bei der Sousegg ist sie draussen. Wir schaffen miteinander noch den Schwarzen Schopf und damit die schöne Seitenansicht der Lobhörner, die für die Mühe schon mehr als entschädigt. Nach einer kurzen Pause steigt sie ab. Wir verabreden uns in der Lobhornhütte, dann ziehen Arno und ich alleine weiter.
Der Pfad wird jetzt zur Spur, die sich um die Südwände der Lobhörner schlängelt. Sie wird zunehmend anspruchsvoller und etwas ausgesetzt (T4). Vor uns zeigen sich nun auch die weisse Blüemlisalp und der Galletgrat des Doldenhorns, an dessen kürzlichen Erklimmung ich mit heller Freude zurückdenke. Auf dem engen Pass zwischen Lobhörner und kleinem Lobhorn verlassen wir die markierte Route zur Schwalmere und folgen einer vagen Spur über viel Schutt zum Sulegggrat.
Wir blicken immer wieder zurück, denn erst jetzt sehen wir die einzelnen Finger der Drachenklaue richtig, die so einsam wie überraschend aus dem Schuttgrat herausragt. Der Grat erfordert jedoch auch Aufmerksamkeit, vorallem zu Beginn. Das Ausweichen in die Flanke ist an einer Stelle so ausgesetzt, dass ein Drahtseil (nicht nur für die Psyche) hilfreich wäre. Ganz vorsichtig überschreiten wir die Schlüsselstelle, die nichts für Leute mit Schwindelgefühlen oder Höhenangst ist. Auch ich bin ganz froh, als Arno die Stelle sicher passiert hat.
Dann folgt ein herrliches Genusswandern auf dem Gratrücken, das seinesgleichen sucht. Die Blumen, die Sicht auf die Schwalmere, der Thunersee, der Brienzersee! Und natürlich immer wieder der Blick zu den Lobhörnern und zur grandiosen Kette der Berner Viertausender. Ich zähle nicht, wie oft ich auf dem Auslöser der Kamera drücke. Schliesslich wird der Grat schmal und steinig. Bald stehen wir auf dessen höchstem Punkt, wo wir uns vergnügt einer ausgedehnten Genusspause hingeben.
Die Rundsicht ist gewaltig, aber nichts geht über die drei Stars, die von hier (und von fast überall) einfach zum Anbeissen aussehen. Beim Abstieg über die mässig steilen Grasflanken geben wir Gas, rennen geht hier fast einfacher als laufen. Eine knappe halbe Stunde später erreichen wir schweissüberströmt die Terrasse der schön gelegenen Lobhornhütte. Wir stossen mit Ronja auf den herrlichen Tag an und kosten vom feinen Nusskuchen, den die adrette Hüttenwartin gebacken hat. Ergriffen von soviel Wetterglück und Berggenuss steigen wir schliesslich zufrieden nach Sulwald ab, von wo uns das Bähnli zum glühendheissen Auto zurück gondelt.
Tourdatum: 6. Juli 2017