Der mächtige Piz Kesch ist der dominierende Berg der Albularegion. Eine Übernachtung an seinem Fuss, in der Keschhütte (2632) auf der Wasserscheide von Rhein und Inn, ist ein echtes Alpinerlebnis. Dank der wenig ausgesetzten Pfade auch ideal für sportliche Kinder. So sage ich sofort zu, als Jan Lukas‘ Lehrer mich fragt, ob ich seine 6. Klasse auf der Abschlussreise begleiten will. Wir wählen die aussichtsreiche Zustiegsvariante von der Alp Darlux oberhalb Bergün. Am Folgetag wandern wir über den noch schneereichen Sertigpass ins Sertigtal. Ein Abenteuer für alle – über die Blasen an den Füssen der Kids reden wir nicht.
Wir beginnen in Bergün mit einem kurzweiligen Marsch durch das stille Bergdorf, an dessen Ende eine etwas in die Jahre gekommene Sesselbahn auf uns wartet. Von der Mittelstation steigen wir hoch durch den Wald, und über eine planierte Skipistenrampe erreichen wir den Panoramaweg. Ganz schön steil für den Beginn! Nach einer kurzen Trinkpause mäandern wir gemütlich dem Hang entlang, überspringen Stock, Stein und kleine Bäche und erreichen nach einer guten Stunde die Alp Muotta Sur. Die Sicht auf das Val Tuor und die Bergüner Berggrössen Piz Ela, Corn da Tinizong und Piz Mitgel sind wunderbar. Auch die Keschhütte sehen wir schon in der Ferne, dazwischen liegt aber noch ein tiefes Tal…
Nach dem Picknick steigen wir zwischen Tausenden blühenden Alprosen fast 300m ab. Die stürmischen Jungs der Vorhut sind fast nicht zu bremsen, die Kolonne zieht sich rasch in die Länge. Bei der (bewirteten) Alp digl Chants legen wir erneut eine kurze Pause ein und schauen vergnügt einer Sau zu, die sich im Dreck sudelt. Dann nehmen wir die steilen 700 Höhenmeter zur Hütte unter die Füsse. Ich ermahne die ungestümen Kids, langsamer zu gehen – oder mir zumindest nicht davon zu laufen.
Das (sehr) steile Waldstück in der brennenden Sonne selektiert unter den jungen Wilden rasch. Zwei Jungs sind auch so nicht zu bremsen, die Abstände werden grösser. Oberhalb des Waldes wird das Gelände alpin, blumige Wiesen werden durch Schutthalden abgelöst, erste Schneeflecken säumen die Strecke. Der Gletscherbach ist prallvoll und gibt mit seinem Rauschen den Ton im Tal an. Die Beine werden schwerer, aber die Hütte kommt näher. Auch die zahlreichen Murmeltiere lenken von der Schwerarbeit ab. Ab 15 Uhr treffen wir gestaffelt bei der Hütte ein. Alle neuen Ankömmlinge werden von den schon Wartenden frenetisch bejubelt. Was für ein toller Klassengeist!
Hüttenwart Reto begrüsst die junge Schar, die sich bald auf die Massenlager stürzt. Wir Erwachsene haben nun viel Zeit, das Gelände zu studieren. Der mächtige Piz Kesch ist eine Augenweide. Wie lange kann der verkümmerte Gletscher sein sicheres Ende wohl noch hinauszögern? Auch der zerklüftete Grat des Piz Val Müra begeistert. Und natürlich der Rundblick in die vielen Täler, wo Petrus am späten Nachmittag seine Spielwiesen findet.
Dann zieht es zu und es beginnt zu regnen. Uns kümmerts nicht, die Stimmung unter den Kids könnte nicht besser sein, und der Znacht – eine reichhaltige Spaghettata – mundet. Es braucht nicht einmal mehr 22 Uhr zu werden, bis die grosse Ruhe in der behaglichen Hütte einkehrt.
Morgens sind alle wieder topfit. Das Postkartenwetter erlaubt ein schönes Gruppenfoto vor der Hütte, dann sind wir bereit für die schneebedingt doch etwas anspruchsvolle Überschreitung des Sertigpasses. Nach einem kurzen Abstieg müssen nochmals ein paar Hundert Höhenmeter bewältigt werden. Sie sind aber nicht steil, und so haben die Jungs genug Luft, alle Tore, Stars und Siege der laufenden Europameisterschaft zu besprechen. Petkovic, es gibt Alternativen! Die Zeit fliegt um, bald stehen wir auf dem winterlichen Sertigpass und erreichen damit den höchsten Punkt der Tour (2739), was gebührend gefeiert wird.
Die steilen Hangpassagen im Abstieg und die Gefahr, bei einem Ausrutschen in einem hellblau schimmernden Eissee zu landen, flössen Respekt ein. Die Schneehindernisse präsentieren sich aber weniger heikel als befürchtet. Viele Hundert Meter tiefer und mit etwas weichen Knien erreichen wir den Grünsee, wo wir eine lange Mittagpause einlegen.
Frisch gestärkt schlendern wir schliesslich über ein Fahrsträsschen das saftiggrüne Tal in Richtung Zivilisation hinunter. Gegen 13 Uhr erreichen wir Sertig Sand, wo der kalte Bach die Füsse kühlt, und die Tour sein Ende findet.
Herzliche Gratulation an alle Kinder der Klasse 6b, ihr habt das grossartig gemacht!
Tourdatum: 5./6. Juli 2016
Kartenausschnitt Keschhütte (pdf)
Und weil es so schön war, hier noch ein paar Bilder mehr…
Ist auch mit dem Bike möglich.
…aber erst, wenn der Schnee auf dem Sertigpass geschmolzen ist!
Grossartige Leistung von Kindern und Lehrern, gratuliere! Beneide euch, war sicher ein super Erlebnis!
Super Bilder und Kommentar und natürlich eine tolle Leistung aller Beteiligten :-)) Gratuliere !!! Das wird für alle ein un-vergessliches Erlebnis bleiben.
Eine tolle Wanderung und mein Kompliment an die Kids.