Ende Mai bieten die Voralpen alles, was das Wanderherz begehrt. Der Alpenkranz ist nah und (noch) ganz weiss, das Wandergebiet grünt und versprüht Lebenslust. Noch sind die Weiden unberührt, die Kühe sind erst auf den untersten Alpen. Panorama-Liebhaber kommen auf der heutigen Tour im Kanton Nidwalden voll auf ihre Kosten.
Es ist schon fast Elf, als wir aus dem Bähnchen auf der Gummenalp oberhalb Wirzweli aussteigen. Walter wartet schon auf der Terrasse der schönen Alpbeiz und so wird es halb Zwölf, bis wir nach einem schmackhaften Stück Apfelwähe losziehen. Wir umgehen den Ronengrat auf der Südseite und sind gleich begeistert von der Sicht auf die Nid- und Obwaldner Berge vom Schwalmis bis zum Titlis. Erste Fotosessions gehen los, noch bevor wir richtig warmgelaufen sind. Der Beginn ist auch nicht anstrengend, erst nach 45 Minuten verlassen wir das Alpsträsschen bei der Schellenflüe-Hütte und steigen in die Flanken des Arvigrats ein.
Ein etwas unscheinbarer Pfad führt steil über üppig beblumte Alpweiden auf die Wasserscheide, die das Engelbergertal von Sarnental trennt. Hier auf knapp 1900m erfolgt dieser typische „Wow-Effekt“, als sich das Sichtfeld auf einmal um Sarnersee und Berner Alpen erweitert. Der Pfad zum Gipfel ist ein echtes Genusserlebnis. Wir umgehen Felsen, knorrige Bäumchen und Schneefelder und erreichen schliesslich den schmalen Gipfelgrat, der beidseitig steil, aber nicht wirklich furchterregend abfällt. Nur die Überschreitung, oder besser Durchwatung der Reste des diese Woche gefallenen Neuschnees mahnen etwas zur Vorsicht.
Auf dem Grasgipfel geniessen wir die prächtige Fernsicht (3 Fotos zur Kostprobe) und unsere Sandwiches, dann erledigt jeder kurz seine wichtigen Emails (auch ein schönes Bild). Es ist ja schliesslich Donnerstag….Ohne Smartphone könnte keiner von uns diesen herrlichen Frühlingstag so verbringen.
Ausgeruht und gestärkt erfolgt der lange Abstieg dem Gratverlauf entlang zum Ächerlipass – und der hat es in sich! Der Pfad ist schmall und führt bald durch einen offenen Wald, der Boden ist übersät mit Wurzeln. Es duftet herrlich, die Arven haben skurille Formen – aber wir brauchen unsere volle Konzentration. Die Wanderstöcke sind ein Segen, nass sollte es hier besser nicht sein. 600 Höhenmeter führt der Grat hinunter, bis wir die saftigen Alpweiden rund um den Ächerlipass erreichen, dem tiefsten Punkt der Tour.
Jetzt kommt dieser kleine „Willensmoment“, in dem wieder in den Steigmodus umgeschaltet werden muss. Vor uns protzt das Stanserhorn mit seiner steilen Südseite, und da wollen wir noch hinauf. Der Wegverlauf ist vorerst gnädig mit uns. Zunächst führt der jetzt perfekt ausgebaute Wanderweg praktisch eben dem Grat entlang, der einen wunderbaren Tiefblick nach Luzern und schöne Seitenblicke über die Weiden und zur Brisenkette bietet.
Danach steigt der Pfad sanft an und führt um die Chrinne herum. Erst als wir direkt unter dem Stanserhorn stehen, zeigt der Berg seine Zähne. In endlosen, steilen Kehren werden die letzten dreihundert Höhenmeter bewältigt. Der Schweiss läuft nun richtig schön hinunter und macht viel Platz frei für den späteren Konsum von kühlendem Bier. Am Schluss müssen nur ein paar steile Leitern erklommen werden, bevor die als „Adlerhorst“ bezeichneten Aussichtskanzeln erreicht werden. Kurz vor Vier betreten wir das Gipfelplateau mit der grossartigen Aussicht, den der Stanser Hausberg bietet. Majestätisch breitet sich der Vierwaldstättersee vor uns aus. Was für ein Tag!
Wenig später sitzen wir umringt von Touristen aus aller Welt auf der Restaurant-Terrasse und lassen es uns gutgehen. Wir sind uns einig, dass diese Tour unsere Erwartungen mehr als erfüllt hat. Der Arvigrat hätte eigentlich einen richtigen Gipfelnamen verdient, und das Stanserhorn sollte auch ein Ziel für jeden Nichtwanderer sein, so grossartig ist seine Lage. Die abschliessenden Cabrio- (Luftseilbahn mit Dachterrasse) und Oldie-Standseilbahnfahrten runden den Spass ab.
Sorry, aber Arven habe ich gestern am Arvigrat keine gesehen! Es sind ganz einfach Bergföhren. Möglich, dass man diesen in der Region „Arvi“ sagt. Die Arve ist eine der drei einheimischen Föhrenarten, aber sie beschränkt sich auf die Zentralalpen und fehlt daher in den Voralpen.
Ergänzen möchte ich doch: Tatsächlich gibt es am Arvigrat viele herrliche, skurrile und auch majestätische Baumgestalten. Es ist mir auch schon anderswo aufgefallen, dass die Bergföhren im höheren Alter ähnliche, breit gerundete Kronen ausbilden können wie die Arven. Und tatsächlich hielt ich denn schon Bergföhren von weitem für Arven. Von nahe besehen fehlt den Bergföhren einfach der bläuliche Glanz der Arven, und statt der zu fünf gebündelten, weichen Nadeln sind es deren zwei, und eben recht „borstige“, harte.
Danke Dir für das qualitative Feedback! Sehr geschätzt!