Die Sonne hat seit Ostern ganze Arbeit geleistet. Die Appenzeller Voralpen sind schon fast schneefrei. Die heutige Tour führt vom hübschen Urnäsch über das Spitzli und die Obere Petersalp zum Kronberg ins „Wohnzimmer“ des Säntis. Durch winterlich-frühlingshafte Kulissen soll schliesslich die Schwägalp erreicht werden.
Bei prächtigem Wetter ziehen wir los. Von Urnäsch führt der Weg zunächst auf einen Hügel, wo ein Altersheim hoch über dem Dorf thront. Ob diese Leute wohl noch zum Jass in die Dorfbeizli absteigen können?
Walter und ich diskutieren über Sinn und Unsinn der Appenzeller Streusiedlungen, bis wir unser erstes Ziel, die uns empfohlene Bauernbeiz „Blattendürren“ erreichen. Keine Wirtin weit und breit, nur ein paar Ziegen begrüssen uns. Der Bauer erklärt uns, dass die Beiz definitiv zu mache. „Lohnt es sich nicht?“, fragen wir. Im Gegenteil, meint er, es kämen an den Wochenenden zu viele Gäste hoch. „Wir bekommen jetzt AHV und wollen das auch geniessen“.
Von so viel Ehrlichkeit geläutert, aber leicht konsterniert, ziehen wir weiter. Bald erreichen wir den Bergweg, der uns durch eine schöne Schlucht mit vielen kleinen Wasserfällen auf die Untere Petersalp bringt. Hier auf 1100m begrüssen uns die ersten nennenswerten Schneereste. Darum herum blüht es kräftig. Soldanellen und Krokusse strecken ihre Stiele aus den noch nassen Böden und recken ihre Blüten zur wärmenden Sonne.
Entlang eines vom Winter ziemlich mitgenommenen Pfads ziehen wir zum Grat des Spitzlis hoch. Wir sehen ein Kaninchen und folgen sinnigerweise seiner Spur über die steil abfallenden Schneefelder am Schattenhang. Auf dem Grat erwartet uns ein grossartiges Panorama, das uns die nächsten Stunden begleiten wird. Wir sind im Wohnzimmer des Säntis angekommen.
Auf dem Spitzli, dem ersten Gipfel des Tages, bläst zwar ein kalter Westwind, dafür ist die Weitsicht wunderbar. Von nun an folgen wir der Krete, die Sonnenseite ist schon richtig grün, die Schattenseite häufig noch schneebedeckt. Nach dem zweiten Gipfel, der Oberen Peteralp, stellt sich uns dann richtig viel Schnee in den Weg. Wir können der vorgesehenen Route nicht folgen und müssen über den Grat ein nächstes Gipfelchen ersteigen, um die steilen, lawinengefährdeten Hänge zu umgehen. Zum Glück ist der Schnee weich, wir kommen gut ohne Steigeisen durch.
Der letzte Teil über den sanft ansteigenden, breiten Grassrücken zum Gipfel des Kronbergs ist Genuss pur. Die grossartige Nordwand des Säntis, der Fernblick ins Montafon und ins Glarnerland, der Tiefblick auf die noch sehr winterliche Schwägalp. Wir können uns nicht satt sehen.
Die Betonbauten des Kronbergs sind zwar unschön, aber sie bieten frischgebrühten Kaffee, gekühlte Getränke und eine windgeschützte Terrasse. Wir bleiben nicht zu lange, denn die fantastische Aussicht wird uns auch im Abstieg zur Schwägalp erhalten bleiben. Wir surfen die Schneefelder hinunter, staunen erneut über die tausenden Krokusse und erreichen schliesslich eine Waldpassage, wo uns nochmals richtig viel Schnee erwartet. Im leichten Gegenanstieg erreichen wir mit langsam etwas müde gewordenen Beinen die Chammhaldenhütte. Das coupierte Gelände unter der Säntiswand macht Freude, vor allem in einer Jahreszeit, wo die Völkerwanderungen noch ausbleiben. Die Pfade sind nass, überall rauschen Schmelzwasserbächlein.
Schliesslich erreichen wir die Schwägalp, wo sich die Menschendichte im Nu verhundertfacht. Uns ist es recht, die Terrasse bietet genug Platz und viel Sonne. Das Bier kommt schnell, auch das Apfelchüechli mit Vanillesauce schmeckt gut. Mit dem Postauto kehren wir schliesslich zufrieden nach Urnäsch zurück.
Tourdatum: 24. April 2015
Das mit der Blattendürren – schlechte Nachrichten. Ansonsten grandiose Bilder. Ich machte die Route im Sommer, aber jetzt im Frühling mit den Schneeflecken ist alles noch aparter.