Eigentlich hätte es heute der Mönch sein sollen, aber das Wetter war zu wenig stabil. Die Wahl fiel deshalb auf den Uri Rotstock, erstiegen über eine auf hikr.org gefundene Insiderroute der Einheimischen. Die Tour auf den Urner Hausberg beginnt mit einer Seifenkisten-Fahrt vom Neihüttli auf die Musenalp. Wie lange lassen die Behörden das wohl noch zu? Nun ja, das Isenthal ist so abgelegen, dass die Berner Beamten den Weg dorthin nie finden mögen.
Die Wirtsleute sind erfrischend nett, die Tour kann nicht ohne den auf Zuruf angebotenen Bergkaffee beginnen. Ich verabschiede mich dann aber trotzdem bald und melde mein Bedürfnis nach Aprikosenkuchen für die Rückkehr an.
Der Bergweg steigt rasch an, praktisch ohne Erholungsphase sind rund 900 Hm bis zu einer kleinen Ebene auf 2300m ü. M. zu überwinden. Die erste Wasserflasche ist schon leer. Jetzt verlasse ich den markierten Weg, die Route führt – nach etwas Suchen – westlich durch ein grasig-steiniges Couloir auf den „Chessel“. Jetzt zeigt sich die wunderbare Nordwand des Uri Rotstock eindrücklich. Das rote Gestein leuchtet über einem grauen Felsband, darunter breitet sich das Firn aus.
Dieses gilt es jetzt zu queren. Dank der August-Wärme ging es heute ohne Steigeisen, die aber auf jeden Fall in den Rücksack gehören. Über steiles Geröll erreiche ich die Schlierenlücke, wo die Gratkraxelei beginnt. Es ist einfach (Kletterpassagen max. II), blaue Punkte unterstützen bei der Orientierung. Eine besondere Laune der Natur ist ein grosses Felstor, das bei der Umgehung eines Gendarms durchgangen werden muss. Kurz davor und danach ist es ziemlich ausgesetzt. Vor allem die Kieselsteine auf den schiefen Platten können zur bösen Rutschbahn ins Nirwana werden, wenn man sich nicht achtet. Auch im brüchigen, roten Teil ist etwas Vorsicht geboten. Eine halbe Stunde später blicke ich in die erstaunten Gesichter einiger Gipfelbesucher, die vom Norden her niemanden erwarten und mich deshalb wie einen Geist aus der Flasche anstarren.
Der Gipfel bietet das gewohnte Panorama-Ereignis – der Uri Rotstock bildet das Tor zur Gletscherwelt zwischen Brunnistock und Wissigstock (ebenfalls ein alter Bekannter von mir). Gegen Norden wirkt das Firn wie eine Rutschbahn zum 2500m tiefer gelegenen Urnersee.
Die Weitsicht findet heute leider nicht statt. Wie erwartet kommen rasch mehr Wolken auf – trotzdem schaffe ich es trocken zur Müsenalp runter – anfangs surfend über das Chlifirn, dann über Felsbrocken hüpfend zurück auf den gut markierten Bergweg. Und zu meiner stillen Freude steht der warme Aprikosenkuchen in der Bergwirtschaft tatsächlich schon bereit für mich.
Kartenausschnitt Uri Rotstock (pdf)
Tourdatum: 17. August 2013
Hallo
Kann man über den Firn alleine ohne Bergführer?
Ja, das Firn ist spaltenfrei